ephys

Kanutour mit Überraschungen

Hallo mal wieder,

Kanu im Algonquin Park

da letzten Montag (10.10.) Thanksgiving war, wir also drei Tage frei hatten und zusätzlich noch der Indian Summer in vollem Gange ist, bot sich das letzte Wochenende gerade zu für einen längeren Trip an. Also nahmen wir uns auch noch den Freitag frei, um vier Tage im Algonquin Park Kanu zu fahren und in der Wildnis zu campen.

Eike und Nicolas beim Paddeln

Zu fünft fuhren wir also am Freitag morgen um 7:30am in Waterloo ab und kamen nach ein paar Einkaufs- und Esspausen gegen 4pm am Opeongo Lake im Algonquin Provincial Park an. Von der Autofahrt gibt es auch folgendes Video.

Nachdem wir Kanus und Schwimmwesten ausgeliehen hatten ging es auch gleich los. Aber sobald wir die sichere Bucht verlassen hatten, wehte uns ein strammer Gegenwind ins Gesicht und auf dem großen See bildeten sich Wellen, die etwa einen halben Meter hoch waren. Aus Kanuperspektive sieht das schon ziemlich beängstigend aus und hin und wieder schwappte auch etwas Wasser ins Boot. Daher beschlossen wir, den ersten Kanutag schon nach etwa 1:30h zu beenden und suchten uns einen der beschilderten Plätze, wo man sein Zelt aufbauen durfte. Da es längere Zeit nicht geregnet hatte, war schnell ein Lagerfeuer entfacht und da es schon langsam dämmerig wurde, fingen wir an, das Lager für die Nacht aufzubauen.

Dabei spielte sich in etwa folgender Dialog ab:

Eike: Basti, hol doch bitte mal unser Zelt.

Bastian: Hast du das nicht?

Eike: Ich dachte du hättest es…

…schweigen…

rumgedrehte Kanus als Zeltersatz

Und so hatten wir nur noch ein Zweimannzelt für uns fünf Abenteurer. Aber Not macht ja bekanntlich erfinderisch und wir hatten ja zwei so schicke nutzlose Kanus rumliegen. Also würden wohl jede Nacht zwei Leute unter den rumgedrehten Kanus schlafen müssen. Sie boten guten Windschutz, zumal wir die Ritzen am Boden gut mit Erde und Kiefernadeln abdichten konnten. Zum Glück war es das ganze Wochenende über trocken, so dass wir die Regendichtigkeit der Kanus nicht testen mussten…

Eike im Kanubett

Da ich einen warmen Schlafsack ausgeliehen hatte und ich ja sowieso so ein harter Kerl bin *g*, bot ich an, freiwillig unter den Kanus zu schlafen und wurde dafür belohnt: Während verschiedene Leute versuchten sich nachts im Zelt breit zu machen, hatte ich im Kanu einen sicheren Platz, den ich nicht verteidigen musste. Außerdem bekam ich regelmäßig Besuch von Streifenhörnchen, die auf meiner Isomatte rumtapsten und auf meinen Kopf klettern wollten. Und obwohl es nachts so kalt war, dass die Rucksäcke morgens übereist waren, habe ich dank dem warmen Schlafsack nicht gefroren.

Armin, Christoph und Eike beim Planschen

Und so verbrachten wir ein paar schöne Tage im Algonquin Park. Jede Nacht haben wir an einer anderen Stelle unser Lager aufgeschlagen und einmal hatten wir sogar unsere eigene Insel. Trotz der nächtlichen Kälte war es tagsüber in der Sonne so warm, dass wir uns an einem windgeschützten Örtchen in Badehose sonnen konnten und ich mir dabei sogar im kanadischen Oktober noch einen Sonnenbrand geholt habe. Die täglichen Wasch- bzw. Badeeinheiten im See vielen dagegen sehr kurz aus; der See hatte wohl um die 15 °C.

Kochen am Lagerfeuer

Streifenhörnchen beim Fressen

Die Abende verbrachten wir am Lagerfeuer, kochten darauf unser Abendessen, danach ein paar Marshmallows und tranken dazu ein paar gemütliche Bierchen. Da es gegen 7pm dunkel wurde, waren wir meist schon gegen 10pm im Bett und konnten uns am nächsten Morgen von der Sonne wecken lassen. Um morgens richtig wach zu werden, spielten wir einmal hide and seek in der Wildnis und ließen unseren kindlichen Trieben freien Lauf. Eines Nachmittags sind wir mit Studentenfutter auf Streifenhörnchenjagd gegangen und konnten sie auch gut anlocken. Sie sind sogar so zutraulich geworden, dass sie am Ende von der Hand gefressen und sich Nüsse in die Backen gestopft haben. Man konnte diese vier Tage auf dem See und in den Wäldern also durchaus genießen!

McDonald's Menü

Am Montag Nachmittag auf der Rückfahrt war es richtig ungewohnt, wieder in die Zivilisation zu kommen, da wir jetzt nicht mehr unter uns in unserer übersichtlichen Männerrunde waren und uns nun wieder benehmen mussten. Aber auch dieses Problem konnten wir meistern…

Wir hatten also ein schönes Wochenende mit ein paar Überraschungen. Während der nächsten Wochen werde ich jedoch wohl leider etwas weniger reisen. Schließlich sollte ich ja noch ein bisschen studieren, der kalte regnerische Herbst fängt nun an und so langsam geht das Geld aus ;–) Aber in Waterloo kann man auch Spaß haben. Heute Abend ist z.B. students day auf dem zweitgrößten Oktoberfest der Welt in Kitchener und am Samstag besuchen uns ein paar andere OBWler um mit uns noch einmal aufs Oktoberfest zu gehen.

Euch allen ein schönes Wochenende und bis bald,

Eike

Studieren in Kanada

Hallo Leute,

heute ist Tag der Deutschen Einheit, aber hier in Kanada bekommt man davon natürlich nichts mit. Trotzdem wünsche ich euch einen schönen Feiertag, auch wenn er in Deutschland jetzt schon vorbei ist…

Dafür haben wir in Kanada nächste Woche Montag unseren Feiertag: Thanksgiving. So ein langes Wochenende bietet sich natürlich für einen Trip an. Vielleicht schaffen wir es ja, ein paar Tage im Algonquin Park Kanu zu fahren in der Hoffnung, dass der Indian Summer bis dahin in vollem Gange ist…

Jetzt sollte ich aber wie versprochen ein bisschen vom Unileben in Kanada bzw. Waterloo erzählen. Auf den Vorbereitungsseminaren wurden uns einige Dinge über kanadische Unis erzählt, die ich kaum glauben konnte, wie zum Beispiel:

  • es gibt so viele assignments, dass man das ganze Semester über diszipliniert arbeiten muss, was für deutsche Studenten sehr ungewohnt ist
  • der Konkurrenzkampf ist so groß, dass man mit anderen Studenten nicht über die Lösungen zu den assignments spricht
  • die Mitarbeit während der Vorlesung fließt in die Endnote mit ein

Mit solchen Vorstellungen über kanadische Unis kam ich also hier in Waterloo an, aber um es vorweg zu nehmen, diese Gerüchte haben sich (zum Glück) nicht bewahrheitet.

Der (noch) augenfälligste Unterschied zum deutschen Studiensystem ist sicherlich, dass kanadische Unis saftige Studiengebühren verlangen: Je nach Programm und Studienabschnitt zahlt man in Waterloo zwischen 3000 und 12000 kanadische Dollar pro Term (4 Monate). Dazu kommt noch, dass die Studentenwohnheime nicht von einem Studentenwerk subventioniert werden und daher ähnlich teuer wie Zimmer auf dem freien Markt sind. Möchte man mal auf dem Campus essen, dann geht man nicht in eine vom Studentenwerk organisierte Mensa, sondern in die Filialen der verschiedenen Fast Food Ketten auf dem Campus. Natürlich gelten für Studenten dieselben Regeln wie für den Rest Kanadas auch, so dass man für ein Mittagessen zwischen 5 und 8 Dollar zahlen muss. Aber das war noch nicht alles: Da die Bibliotheken von jedem Buch nur ein oder maximal zwei Exemplare verfügbar haben und die Profs sich teilweise sehr eng an irgendwelche Bücher halten, wird einem wärmstens empfohlen, sich diese Bücher zu kaufen. Wenn man nicht das Glück hat, das richtige Buch (in der richtigen Auflage) im Used Book Store zu finden, muss man eben 100 bis 150 Dollar pro Buch ausgeben. Bei drei oder vier Vorlesungen geht das ganz schön ins Geld. Studieren in Kanada ist also teuer!

Zum Glück gibt es dafür ein relativ gut ausgebautes Stipendiensystem und einige Jobs für Studenten auf dem Campus. Außerdem haben diese immensen Kosten die Folge, dass die Studenten versuchen, ihr Studium so schnell wie möglich durchzuziehen und da die meisten Stipendien direkt an die Studienergebnisse gebunden sind, ist die Motivation entsprechend hoch. Insgesamt, habe ich den Eindruck, dass es viel weniger Langzeitstudenten gibt als in Deutschland.

Aber was bekommt man dann für seine Studiengebühren außer etwas Motivation und Arbeitsmoral? Das habe ich mich lange gefragt, schließlich fließt das Geld nicht in Subventionen für Wohnungen, Essen oder Arbeitsmaterialien. Eventuell ist die technische Ausstattung der Hörsäale und Computerräume etwas besser als in Deutschland, aber so groß ist der Unterschied nicht. Mittlerweile denke ich, ein Großteil des Geldes wird für Freizeitangebote für Studenten ausgeben: Man kann das Schwimmbad, zwei Krafträume, Fussball-/Volleyball-/Eishockey/Badminton oder Footballfelder kostenlos nutzen und viele Sport- oder Freizeitkurse werden günstig angeboten. Auch andere Serviceleistungen werden für Studenten kostenlos angeboten, wie zum Beispiel Beratungsstellen für alle denkbaren Probleme wie z.B. Leistungsdruck, Probleme mit Kommilitonen, “carreer services” oder auch akademische Beratung zur Kurswahl. Einen Teil seines Geldes, wenn auch einen kleinen, bekommt man also in Form von Serviceangeboten zurück.

Ein bisschen hatte ich gehofft, dass die Bürokratie etwas unkomplizierter ist als in Deutschland. Aber ich wurde enttäuscht: Kanadier sind zwar generell viel freundlicher als deutsche Bürokraten, was aber nicht heißt, dass der Papierkram schneller oder unkomplizierter erledigt wäre. Ein gutes Beispiel ist das Einschreiben für einen Kurs: Hier in Kanada kann man nicht einfach in jeden beliebigen Kurs gehen und sich in der ersten Woche in eine Liste eintragen und nicht mehr hingehen, wenn der Kurs doch zu schwer oder schlecht ist. Stattdessen muss man sich zentral in den Kurs einschreiben und kann ihn nur bis zu einer bestimmten deadline wieder “droppen”. Verpasst man diesen Termin, so bekommt man einen Vermerk ins Zeugnis, dass man den entsprechenden Kurs nicht bestanden hat. Der Einschreibevorgang scheint zunächst ganz einfach zu sein: Man geht ins Netz, sucht sich den Kurs raus und fügt ihn zu seinem Stundenplan hinzu. Aber das wäre zu einfach, also muss man noch einen Zettel ausfüllen, ihn sich vom Prof und einem Berater unterschreiben lassen und wieder an der richtigen Stelle abgeben. Einige Fakultäten haben jedoch die Richtlinie, dass die Profs die Zettel nicht selbst unterschreiben dürfen, sondern nur spezielle Berater. Diese unterschreiben aber nicht blind den Zettel, sondern kontrollieren, ob alle Voraussetzungen für den Kurs erfüllt sind. Da man als Austauschstudent diese aber nicht ordentlich nachweisen kann, muss man zunächst mit dem Prof reden, der dem Berater dann die Erlaubnis schreibt, für ihn den Zettel unterschreiben zu dürfen. Alles klar? Wenn man nun als Graduate Student einen Undergradkurs belegen möchte oder umgekehrt, dann muss man jedoch zusätzlich noch einen zweiten speziellen Zettel ausfüllen. Diesen dürfen zum Glück aber alle Profs selbst unterschreiben.

Wenn man das alles hinter sich gebracht hat, kann man endlich anfangen zu studieren und es stellt sich heraus, dass der kanadische Unialltag dem deutschen sehr ähnlich ist: Studenten sind nicht so verbissen wie befürchtet und man hilft sich gegenseitig, in den Vorlesungen wird die Mitarbeit nicht bewertet (wie denn auch?) und auch in Kanada gibt es gute und weniger gute Profs. Jedoch sind die Profs etwas lockerer: Ich habe noch keinen mit Hemd oder gar Krawatte gesehen und der Umgang zwischen Profs und Studenten ist lockerer. Die englische Univeralanrede “you” leistet dazu sicher auch einen Beitrag.

Die Übungszettel sind etwas mit denen in Deutschland vergleichbar. Teilweise sind sie etwas umfangreicher, aber dafür nur zweiwöchentlich abzugeben. Wenn man es also gewöhnt ist, mehrere Übungszettel pro Woche abzugeben, dann kann einen das kanadische System auch nicht umhauen.

Studentenparties gibt es natürlich auch in Kanada. Auf dem Campus sind direkt zwei Clubs und Privatparties gibt es auch genug. Dabei wird jedoch ständig das Alter kontrolliert, da man in Kanada erst ab 19 trinken kann und einige First-Years ja erst 18 sind. Ohne Ausweis kommt man also nirgends rein.

Aber ich möchte jetzt nicht zu viel über die kanadische Party- und Trinkkultur erzählen. Dem Thema werde ich wohl eher einen komplett eigenen Tagebucheintrag widmen.

Ich hoffe, damit sind die meisten eurer Fragen beantwortet. Wenn ihr noch weitere habt, nur her damit!

Also, bis demnächst,

Eike

Wandern auf der Bruce Peninsula

Hallo!

Bruce Trail Schild

Da ich mich gerade vorm Zettelrechnen drücken möchte, nutze ich die Zeit und fülle mal wieder mein Tagebuch. Letztes Wochenende war ich zusammen mit ein paar Leuten vom Outers Club der Uni Waterloo auf dem Bruce Trail wandern. Der Bruce Trail führt über fast 800km von Niagara Falls bis nach Tobermory auf der Bruce Peninsula. Da 800km in zwei Tagen doch etwas zu viel gewesen wären, haben wir uns auf die 40km am nördlichen Ende beschränkt. Sie führen direkt durch den Bruce Peninsula National Park, der unberührte Natur und traumhafte Ausblicke verspricht.

Am Freitag Abend sind wir also zu Zwölft in zwei Mietwagen und einem privaten Auto Richtung Nordwesten gefahren, bis wir nach etwa 3h Fahrt am Anfang des Trails angekommen waren. Die Autofahrt hätte auch etwas kürzer dauern können, aber wir haben uns einmal ziemlich böse verfahren und sind dabei sogar fast im See gelandet. Jedenfalls hat die Straße direkt auf den Strand geführt, auf dem wir gerade noch rechtzeitig anhalten konnten. Nachdem wir dann einige Zeit auf kleinen Straßen durch die nebelige Nacht durch eine fast vollkommen verlassene Gegend geirrt sind, haben wir gegen 23 Uhr doch noch unser Ziel erreicht.

Feuer am Campground

Zum Glück war eine Gruppe vor uns angekommen (die dritte hatte sich noch schlimmer verfahren) und hatte schon ein Feuer gemacht. Die Nacht war nämlich bitterkalt (ich schätze mal 5°C) und ich habe sehr bereut, dass ich keine Isomatte und nur einen billigen Sommerschlafsack dabei hatte. So lag ich dann mit aller Kleidung die ich hatte im Schlafsack und konnte trotzdem vor Kälte kaum schlafen.

Vorbereitungen am Morgen

Der Samstag begann zum Glück sonnig und entsprechend hob sich die Stimmung sofort. Nach einem kurzen Frühstück teilten wir uns in zwei Gruppen auf, die den Trail in entgegengesetzter Richtung durchlaufen sollten. So konnte an jedem Ende des Trails ein Auto stehen und da wir uns am Ende des ersten Tages in der Mitte des Weges treffen würden, konnten wir so die Autoschlüssel austauschen.

See in Nationalpark

Klippe der Bruce Peninsula

Gegen 10 Uhr ging es dann endlich los. Zunächst wanderten wir auf breiten, bequemen Waldwegen durch den Nationalpark vorbei an Seen und einem Biberdamm in Richtung Küste zur Georgian Bay. Je näher wir der Küste kamen, desto schmaler, hügeliger und felsiger wurde der Weg und so langsam bekamen wir das Gefühl, mitten durch die Wildnis zu laufen. Gegen Mittag wurden wir mit einem eindrucksvollen Ausblick belohnt: Wir standen auf einer Klippe, etwa 30m unter uns klares, türkisblaues Wasser der Georgian Bay, Wasser soweit das Auge reicht und entlang der Küste dichtbewaldete Klippen. Dazu kam noch strahlender Sonnenschein und blauer Himmel ohne ein einziges Wölkchen. Schaut euch dazu am besten die Bilder unten an, solche Eindrücke kann man schlecht in Worte fassen.

Mittagspause

Der Weg führte nun ständig an der Küste entlang. Die meiste Zeit liefen wir oben auf den Klippen und nutzten jeden Aussichtspunkt für eine kleine Pause zum Staunen. Da es mittlerweile schon kurz vor 13 Uhr war, machten wir nun eine längere Mittagspause, um ein paar Pitas mit Käse, Wurst, Gurken und Karotten zu essen.

Strand der Georgian Bay

Im Laufe des Nachmittages führte der Pfad uns mehrmals direkt an das Ufer und da die Sonne so warm schien, beschlossen wir, an einem steinigen Strand schwimmen zu gehen. Das Vergnügen dauerte jedoch nur sehr kurz, da das Wasser so kalt war, dass man es kaum länger als 5 Minuten darin aushalten konnte. So nahmen wir dann erfrischt die letzten paar Kilometer des Tages in Angriff und erreichten gegen 17 Uhr Storm Haven, wo wir die Nacht verbringen wollten.

endlich ausruhen

Storm Haven besteht im Prinzip aus einer Komposttoilette und acht verteilten Holzplattformen, auf denen man ein Zelt aufbauen kann. Außerdem gibt es noch einige Vorrichtungen, mit deren Hilfe man sein Essen vor Bären in Sicherheit bringen kann. Schon nach kurzer Zeit kam auch die andere Gruppe an und da Storm Haven direkt am Strand liegt, verbrachten wir den Abend am Strand, bis wir uns gegen 22 Uhr müde ins Zelt verkrochen.

schmaler Pfad am Abgrund

Diese Nacht war zum Glück deutlich milder und daher konnten wir gut erholt die zweite Etappe antreten. Der Weg war wieder ziemlich beschwerlich: Ständig ging es auf und ab und auf groben Steinen über einige steile Stellen hinweg. Hinzu kam noch, dass es im Laufe des Vormittags leicht tröpfelte und die Steine entsprechend rutschig waren. Der Weg führte weiterhin direkt an der Küste entlang, so dass wir die ganze Zeit die tolle Landschaft bewundern konnten.

Schließlich erreichten wir gegen 17:30 Uhr endlich das Auto in Tobermory. Kaum waren wir dort angekommen, entlud sich das Gewitter, dass sich schon angebahnt hatte: Überall blitzte und donnerte es und es begann in Strömen zu regnen. Das konnte uns jedoch nicht davon abhalten, die Erfrischung, auf die wir aus Zeitgründen während des Wanderns verzichtet hatten, nachzuholen. Also zogen wir uns im Regen die Badesachen an, rannten halbnackt durch Tobermory und sprangen im Yachthafen des 1200-Einwohner-Örtchens ins Wasser. Obwohl wir schon klatschnass waren, bevor wir den Hafen erreicht hatten, tat der Sprung ins kühle Wasser sehr gut. Zum Glück hat die Post von Tobermory ein kleines Vordach, unter dem wir uns anschließend abtrocknen und umziehen konnten; schließlich regnete es ja noch immer in Strömen.

Blick durch Bäume auf die Georgian Bay

Müde und zufrieden machten wir uns schließlich auf die Heimfahrt und kamen gegen 22 Uhr in Waterloo an. Es war wirklich ein traumhaftes Wochenende, an dem wir viel erlebt haben. Vor allem die Landschaft der Bruce Peninsula hat mich sehr beeindruckt; sie ist wohl eines der schönsten Fleckchen Erde, die ich bisher gesehen habe.

So, dass war’s für heute. Ich hoffe, ihr genießt die Zeit, wo auch immer auf der Welt ihr gerade seit.

Bis bald,

Eike

Uni, Wahl und Niagara Falls

Hallo!

Die erste Uniwoche ist nun schon vorbei und wie es sein sollte, fängt der Stress zum Glück langsam an. Wie auch in Deutschland wurden in den ersten Stunden hauptsächlich allgemeine Einführungen gegeben und der organisatorische Ablauf der Kurse geklärt. Jedoch haben wir gegen Ende der Woche schon die ersten assignments bekommen, die wohl ziemlich zeitintensiv sein werden. Momentan bin ich in folgenden Kursen: Numerical Computation, Statistical Physics, Quantum Information Processing und Quantum Mechanics. Ich bin noch nicht sicher, ob ich Quantum Mechanics auch weiterführen werde, da drei Kurse wohl auch schon genug Arbeit sind und ich ja schließlich auch etwas vom Land sehen möchte. Zu den Kursen und zum Unileben allgemein möchte ich jetzt aber noch nicht viel schreiben, sondern warte damit lieber noch, bis ich mir auch wirklich ein Urteil bilden konnte.

gelber Schulbus

Heute haben etwa 180 international students an einem Trip zu den Niagara Fällen teilgenommen. Früh morgens mussten wir uns (nach einer viel zu kurzen Nacht) aus dem Bett quälen, um gegen 9 Uhr in Waterloo abzufahren. Unser erstes Ziel war eine winery bei Niagara on the Lake. Dort haben wir an einer Führung durch die Keltereianlagen teilgenommen und allerlei zu den verschiedenen Herstellungsschritten bei der Weinproduktion erfahren. Zum Abschluss fand natürlich die obligatorische Weinprobe statt.

Horseshoe Falls

Anschließend haben wir eine kurze Mittagspause in Niagara on the Lake gemacht um etwas zu essen. Danach kam dann endlich der Höhepunkt des Tages: die Niagarafälle. Bei strahlendem Sonnenschein sind wir mit der berühmten Maid of the Mist nahe an die Horseshoe Falls (die kanadische, viel beeindruckendere Seite der Niagarafälle) herangefahren und sind in der Gischt klatschnass geworden. Generell scheint es in einem Umkreis von mehreren hundert Metern um die Fälle ständig zu nieseln, auch wenn am Himmel keine Wolken zu sehen sind. Schließlich sind wir noch durch ein kleines Tunnelsystem hinter die Niagarafälle gegangen und konnten so die Wasserwand von hinten betrachten und uns auf einer Plattform direkt am Wasserfall noch einmal nassspritzen lassen. Gegen 10pm waren wir nach einem langen Tag wieder in Waterloo, wo ich jetzt diesen Tagebucheintrag schreibe.

Zum Glück hatten einige bei dem Trip ein Handy dabei, so dass wir per SMS die Wahlergebnisse aus Deutschland verfolgen konnten. Das Wahlergebniss war ja sehr überraschend und so hatten wir Deutschen untereinander genügend Gesprächstoff. Auch die Fernsehauftritte der jeweiligen Parteichefs sollen ja sehr interessant gewesen. Schade, dass ich die Sendungen nicht live verfolgen konnte und mich nur aus dem Internet informieren kann. Jedenfalls bin ich jetzt sehr gespannt, in welche Richtung sich die Koalitionsgespräche entwicklen werden.

So, das muss für heute reichen, ich gehe jetzt ins Bett. Bis demnächst,

Eike

Die erste Woche in Waterloo

Hi there!

Columbia Lake Village

Die ereignisreiche Reisezeit ist nun vorerst vorbei. Seit Samstag letzter Woche (03.09.) bin ich nun in Waterloo in meiner residence. Ich wohne in der Columbia Lake Village (CLV), die direkt am Nordwestrand des Campus liegt. Zu den Hörsaalgebäuden braucht man zu Fuß etwa 20min und mit dem Fahrrad entsprechend weniger.

Leider habe ich jedoch immer noch kein Fahrrad. Gebrauchtfahrräder sind gerade am Anfang des terms Mangelware und die billigen Fahrräder bei canadiantire (ich glaube, ich habe schon mal erwähnt, dass das sozusagen ein kanadischer WalMart ist) für $100 sind alle ausverkauft. Ich habe mir jedoch eines reservieren lassen und in den nächsten Tagen sollte ich dann endlich wieder auf Rädern unterwegs sein können. Es wird zwar nur ein sehr billiger und entsprechend schlechter Drahtesel sein, aber für 8 Monate möchte ich nicht so viel Geld ausgeben. Mann, ich vermisse jetzt schon meine Fahrräder in Deutschland ;–)

mein Haus

Nun aber wieder zurück zum CLV. Wir leben hier in kleinen Reihenhaussegmenten; je vier Leute pro Segment. Jede Wohnung hat im Erdgeschoss eine Küche, eine Essecke und ein großes Wohnzimmer und darüber ein Bad und vier Zimmer mit Schreibtisch, Bett und Schrank. Die Zimmer sind gut 10m2 groß, also groß genug um darin zu schlafen und zu arbeiten. Für alles andere gibt es ja noch das Ergeschoss.

Bisher habe ich erst einen meiner Mitbewohner gut kennen gelernt. Der zweite ist “Froshleader”, organisiert also die Orientierungswoche für die Freshmen (first-year-students) mit und war daher die ganze Woche nicht zusehen. Der letzte ist erst gestern eingezogen und ich habe nur gestern Abend kurz mit ihm gequatscht. Meine Mitbewohner werde ich euch also erst demnächst näher vorstellen, wenn ich sie besser kennengelernt habe. Insgesamt habe ich jedoch den Eindruck, dass ich sehr gut mit ihnen auskommen werde.

Die Lage der CLV erzwingt quasi den Kauf eines Fahrrades. Da die Innenstadt von Waterloo direkt am anderen Ende des Campus liegt, kann man zu Fuß gerne mal eine Stunde laufen, um zu den Pubs zu kommen. Bisher musste ich mir also Fahrräder leihen, wenn ich abends weg wollte, was aber immer geklappt hat. Zum Glück liegt ein Supermarkt jedoch nur 5 Fußminuten entfernt. Er ist sogar 24/7 geöffnet, so dass man an jedem Tag und zu jeder Tageszeit einkaufen kann.

In ein paar Minuten werden wir (einige exchange students aus dem CLV) gemeinsam Lasagne kochen und anschließend in die Stadt gehen. Ich habe also nicht soviel Zeit und bevor ich ein großes Thema anfange und nicht beenden kann, schreibe ich einfach von meinen Aktivitäten während der letzten Woche.

Zunächst musste natürlich etwas Papierkram erledigt werden: die Formulare für das Wohnheim, für die Krankenversicherung über die Uni, das Abholen des Studentenausweises, die Kurswahl für den kommenden term, etc. Das ist für euch vermutlich nicht wirklich interessant, denn Bürokratie läuft wahrscheinlich überall gleich ab. Jedoch habe ich den Eindruck, dass in Kanada etwas flexibler vorgegangen wird und nicht wie in Deutschland jede Vorschrift genau so erfüllt werden muss, wie sie auf dem Papier steht. Dennoch ist der Papierkram einfach lästig.

Community Center

Dann waren noch ganz praktische Sachen zu erledigen. Die vom Reisen schmutzige Wäsche wollte gewaschen werden und zum Glück gibt es auch direkt im Community Center im CLV Waschmaschinen und Trocker, die jedoch die Wäsche nicht wirklich trocknen sondern nur etwas weniger nass machen. Wenn ich schon beim Community Center bin: Es steht in der Mitte von CLV und dort ist die Rezeption wo man Filme, Fußbälle, etc ausleihen kann. Außerdem ist dort noch ein großer Fernseher für Videoabende, ein Billardtisch, eine Tischtennisplatte, ein Tischkicker, einige Computer und ein Aufenthaltsraum. Man dort also durchaus etwas Zeit verbringen.

Natürlich mussten auch die ersten Einkäufe erledigt werden, aber zum Glück haben wir ja Sobey’s, den oben schon erwähnten Supermarkt ganz in der Nähe und er ist auch so groß, dass man dort alles bekommt.

Neben diesen notwendigen Tätigkeiten haben wir den größten Teil der Zeit mit den schönen Dingen des Lebens verbracht: Fussball spielen mit Spielern aus fast 10 verschiedenen Nationen, Videoabende, Barbeques, Spieleabende, Pubs und Clubs, spazieren durch Parks, in der Sonne liegen und lesen oder auf einen großen Markt gehen, auf dem unter anderem die Mennoniten aus der Region in altertümlichen Trachten ihr landwirtschaftlichen Erzeugnisse verkaufen.

So, das war’s für heute, ich wurde gerade auf ein Bier vor dem Abendessen eingeladen und muss meinen gesellschaftlichen Verpflichtungen nachkommen ;–) . Bis demnächst,

Eike

Roadtrip durch Kanada - zweiter Teil

Hallo wieder einmal!

Heute möchte ich versuchen, den Roadtrip abzuhaken, damit ich mit meinem Tagebuch nicht mehr zu sehr hinterherhinke und von Sachen berichten muss, die schon Wochen her sind. Ich schreibe also da weiter, wo ich das letzte Mal aufgehört habe.

Straße im Algonquin Park

Wir waren also gerade im Awenda Provincial Park und haben uns endlich auf den Weg in den Algonquin Provincial Park gemacht. Und so fuhren wir auf größtenteils kerzengeraden, breiten Straßen durch die Landschaft. Da es auf den kanadischen Highways ein Tempolimit gibt (80km/h auf den kleineren, 100km/h auf den großen) und die allermeisten sich auch daran halten geht es auf den Straßen deutlich weniger hektisch zu als in Europa. Ein weiterer Unterschied zu Europa ist, dass sich gerade in den entlegeneren Gebieten die meisten Geschäfte an den Highways konzentrieren und die Dörfer an den Straßen entlang wachsen. So sieht man während der Fahrt ständig beleuchtete Werbeplakate am Straßenrand. Je mehr wir uns dem Algonquin Park näherten, desto dünner war jedoch das Land besiedelt. Am Ende waren Dörfer mit 1000 Einwohner schon groß und hatten alle Läden, die man zum Leben so braucht.

Merkwürdig erschienen uns außerdem die Benzinpreise: Zuvor hatten wir noch für etwa $1,00 pro Liter tanken können und nun fuhren wir an Tankstellen vorbei, an denen der Liter über $1,20 kostete! Wir vermuteten, das läge an der Abgeschiedenheit, aber wie sich später herausstellte, waren zu dieser Zeit die Benzinpreise in aller Welt gestiegen wegen der Unwetter in New Orleans. Wenn man von der Außenwelt abgeschnitten ist bekommt man sowas eben nicht mit…

Tea Lake

Jetzt aber wieder zurück zu unserer Reise. Wir kamen also am Sonntag, den 28.08. im Algonquin Park an und konnten auch direkt auf einen Campingplatz fahren, den wir am Tag zuvor reserviert hatten. Da der Campingplatz wieder direkt an einem See lag, gingen wir wieder schwimmen und da der See diesmal etwas kleiner war, schafften wir es sogar bis ans andere Ufer. Anschließend bauten wir unser Zelt auf, packten einen gerade erstandenen Grill aus und zum Abendessen gab es ein Barbeque mit viel Fleisch, fast rohen Kartoffeln und Bier. Basti und Jojo kamen auf die dumme Idee, eine Dose Bier um die Wette zu exen. Der Verlierer müsste eine Ladung Steakgewürz durch die Nase schniefen. Basti gewann mit großem Vorsprung, aber später stellte sich heraus, dass er seine Bierdose vorher mit Wasser gefüllt hatte, was keiner bemerkt hatte. Also mussten beide schniefen…

Kanus im Algonquin Park

Obwohl es in der Nacht wieder anfing zu regnen, konnten wir trocken im Zelt schlafen und am nächsten Tag wollten wir einen der größten und ältesten Parks Kanadas erkunden. Wir entschlossen uns, das zu tun, wofür der Algonquin Park berühmt ist: Kanu fahren. Also liehen wir uns zwei Bote und paddelten den ganzen Tag kilometerlang durch die entlegensten Buchten von Canoe Lake und sahen sogar eine Wasserschildkröte. Auf dem Rückweg hörten wir auf einmal deutsche Stimmen aus einem Kanu in der Nähe und es stellte sich heraus, dass es die Stimmen anderer OBW-students waren, die wir schon in Toronto getroffen hatten. Wie klein ist doch Kanada…

Nach einem kleinen Spaziergang durch die Wälder des Parks gab es auch an diesem Abend ein Barbeque und wir gingen früh ins Bett. Mitten in Nacht wurden wir dann jäh aus dem Schlaf gerissen: nein, es war kein Bär bei unserm Zelt, sondern nur ein ganz gewöhnliches Gewitter. Dafür war es aber direkt über uns, man musste sich fast bei jedem Donnerschlag die Ohren zuhalten und der Regen prasselte auf das Zelt ein. Aber auch diese Nacht überstanden wir fast völlig trocken.

Mountainbike im Algonquin Park

Biberdamm in Algonquin Park

Bevor wir am nächsten Tag weiter nach Ottawa fahren würden, wollten wir die Zeit im Park noch etwas nutzen. Tom und ich liehen uns Mountainbikes und konnten drei Stunden lang einen extra angelegten, traumhaften Trail genießen, während die anderen sich mit einem schattigen Plätzchen am Ufer eines Sees zufrieden gaben. Anschließend gingen wir gemeinsam über den beaver pont trail und sahen einige Biberburgen und -dämme, jedoch leider keine Biber.

Parliament in Ottawa

Am späten Nachmittag fuhren wir schließlich nach Ottawa, in die Hauptstadt Kanadas, wo wir zunächst noch einen kurzen Spaziergang durch die Stadt machten. Vor dem Parliament trafen wir einen Mounty (einen Polizist der Royal Canadian Mounted Police RCMP) dessen Aufgabe wohl eher in der Unterhaltung der Touristen als im Bewachen des Gebäudes bestand. Jedenfalls machte er Bilder von uns, salutierte für Photos und wollte Jojo zum Spaß Handschellen anlegen. So kamen wir mit ihm ins Gespräch und er erzählte, wir er einmal Jacques Chirac die Hand schütteln durfte und erwähnte einen Freund von ihm der einmal Liftboy für Lady Diana spielen durfte und plötzlich kein Wort mehr herausbrachte, weil er so von ihrer Schönheit geblendet war. Er meinte noch, wir Deutschen hätten doch so viel Geschichte und er fände es schade, dass das Bild von den Deutschen doch so sehr von einem so kurzen Zeitraum aus der Mitte des letzten Jahrhunderts geprägt sei. Jedenfalls war es ein sehr interessanter und unterhaltsamer Abend und schließlich übernachteten wir in einem freundlichen Backpacker’s Inn.

Am nächsten Morgen mussten wir enttäuscht feststellen, dass es wie aus Eimern regnete. Also beschlossen wir, ein paar Stunden in der National Art Gallery zu verbringen, wo man kanadische Kunst der letzten 400 Jahre bestaunen kann. Am frühen Nachmittag fuhren wir weiter nach Montreal.

Dort stellten wir erstaunt fest, dass sich Quebec in der Tat vom Rest Kanadas unterscheidet: der Verkehr ist fast so hektisch wie in Frankreich und alle Schilder, die bisher noch zweisprachig gehalten waren, waren nun einsprachig; Man konnte kaum ein englisches Wort geschrieben sehen. Aber zum Glück wachsen in Montreal dennoch fast alle Menschen bilingual auf und sprechen sowohl Englisch als auch Französisch fließend.

Filmfestival in Montreal

Da in Montreal gerade das internationale Filmfestival stattfand, gingen wir an diesem Abend noch durch den red light district (wo unser hostel lag) in Kino und schauten uns einen israelischen Kurzfilm und einen japanischen Streifen an.

kleine Straße in Montreal

Am nächsten Tag machten wir einen langen Spaziergang durch die Innenstadt von Montreal mit alten Gässchen, hohen Wolkenkratzern, einem Nachbau von Notre Dame und dem Hafen. Anschließend liefen wir durch die McGill Universitity auf den Mont Royal, den Haushügel von Montreal, um von dort den Blick über die Stadt zu genießen. Auf dem Rückweg gingen wir durch das junge Künsterviertel “plateau” mit unzähligen Kneipen und kleinen Geschäften.

An diesem letzten Abend der Tour wollten wir noch einmal eine Pubtour machen. Als uns jedoch auffiel, dass man in Quebec Alkohol auch in normalen Supermärkten kaufen kann, dachten wir uns, man dürfe doch sicherlich hier auch “in public” trinken, kauften uns um Geld zu sparen ein paar Bier und setzten uns damit in einen Park. Dort kamen wir mit einem Obdachlosen in Gespräch, der uns darauf hinwies, dass man auch in Quebec nicht in der Öffentlichkeit trinken darf. Plötzlich meinte er, wir sollten unsere Dosen in die Tüte stellen, Polizisten kämen. Wir dachten zuerst, er wolle uns nur ärgern, konnten dann aber noch rechtzeitig reagieren und die Polizisten, die hinter uns herangekommen waren liefen an uns vorbei. So konnten wir mit ein paar Cent für einen Obdachlosen $130 Strafe sparen. Nun zogen wir in einen Pub um und hatten einen denkwürdigen Abend, an dessen Ende Joachim und Bastian gemeinsam durch die Straßen tanzten…

Olympiastadion in Montreal

Am nächsten Tag verbrachten wir zunächst ein paar Stunden in einer großen mall, schauten uns Geschäfte an und kauften etwas Kleidung. Anschließend liefen wir noch durch den Olympiapark, wo 1976 die olympischen Spiele stattgefunden hatten. Gegen 6pm machten wir uns schließlich auf die Rückfahrt nach Waterloo. Abwechselnd fuhren wir etwa 7 Stunden Auto und konnten zum Glück noch unser Gepäck aus dem student life center der UWaterloo abholen. Auch unseren Zimmerschlüssel bekamen wir noch und konnten am Samstag, den 3.9. endlich in unserem neuen Zuhause schlafen, nachdem wir zwei Wochen lang nur aus Taschen und Rucksäcken gelebt hatten.

Irgendwie habe ich wohl wieder zuviel geschrieben, ich hoffe ihr lest mein Tagebuch trotzdem. In Zukunft werden die Einträge kürzer werden aus dem einfachen Grund, dass ich viel weniger erlebe.

Bis zum nächsten Mal,

Eike

Roadtrip durch Kanada - erster Teil

Hallo ihr da draußen!

Gruppe vom Roadtrip

So langsam wird es Zeit, dass ich näher von unserem Roadtrip durch Kanada berichte. Wie schon erwähnt haben wir (Bastian, Tom, Joachim, Anastasia und ich) uns letzte Woche Samstag (27.08.2005) ein Auto gemietet um durch die Gegend zu reisen. Natürlich waren wir spät dran und haben uns erst samstags morgens um das Auto gekümmert. Nach einigen Telefonaten konnten wir dann noch ein intermediate-sized-car zu einem scheinbar vernünftigen Preis mieten. Also haben wir das Auto abgeholt und dann unser Gepäck im Student-Life-Center der Uni Waterloo verstaut. Lange haben wir überlegt, ob wir auch unsere Laptops dalassen sollten. Wir haben uns dafür entschieden und das war wohl auch richtig: sie wurden nicht geklaut und funktionieren noch.

Als nächstes mussten wir weitere Vorbereitungen treffen: wir hatten nun eine Auto, aber wo sollten wir schlafen und wovon sollten wir leben? Also sind wir erstmal in einen CanadianTire (so was wie WalMart nur eben kanadisch) gefahren und konnten ein 4-Mann-Zelt, 3 Schlafsäcke (2 hatten wir schon) und zwei Klappstühle (die waren im Bundle dabei) für $130 erstehen. Ana würde wohl im Auto schlafen müssen. Direkt gegenüber vom CanadianTire war ein großer Supermarkt, wo wir uns auch gleich mit Lebensmitteln eindeckten. Nun konnte es also mit vollbeladenem Auto endlich losgehen.

Pünktlich zur Abfahrt kam auch der Wetterumschwung. Die letzten Tage hatten wir immer stabiles, warmes, trockenes Sommerwetter, aber nun fing es an zu regnen. Und der Himmel sah nicht so aus, als sollte es nur ein kurzer Schauer werden.

Da die ganzen Vorbereitungen etwas länger als gehofft gedauert hatten, war uns schnell klar, dass wir es an diesem Tag nicht mehr bis in den Algonquin Provincial Park schaffen würden. Also beschlossen wir, nur bis in die Nähe von Midland an der Georgian Bay zu fahren und dort einen Campingplatz zu suchen. Am nächsten Tag könnten wir dort den Awenda Provincial Park besuchen, bevor wir weiterfahren würden.

Zeltplatz an der Georgian Bay

Dort war ein Campingplatz schnell gefunden. Es war zwar ein family-only Platz, aber schließlich platzierte uns der Besitzer doch noch ganz am Rand des campgrounds, nachdem er den Preis noch etwas erhöht hatte, weil wir ja fünf Leute waren. Nach einer kurzen Wartezeit im Auto nahm der Regen langsam ab und wir konnten das Zelt aufbauen. Anschließend gingen Jojo und ich in der Georgian Bay schwimmen und Bastian hat Brennholz für ein Lagerfeuer besorgt. Da es noch relativ warm war, hat das Schwimmen im Lake Huron richtig Spaß gemacht. Wir sind einfach auf das gegenüberliegende Ufer der Georgian Bay zugeschwommen und umgedreht, als es uns zu weit wurde. Währenddessen setzte der Regen wieder ein und wir konnten beim Schwimmen kaum noch etwas sehen, weil die prasselnden Regentropfen so sehr im See spritzten. Als wir am Ufer ankamen, war unsere Kleidung die dort lag natürlich völlig durchnässt und Bastians Holz würde auch nicht mehr brennen. Also zogen wir uns ins trockene Auto zurück und aßen ein paar Sandwiches, was zu fünft in einem kleinen Auto auch ziemlich eng sein kann.

Lagerfeuer

Zum Glück hörte nach einiger Zeit der Regen wieder auf und schließlich konnten wir sogar ein paar Sterne funkeln sehen. Als Basti das nasse Brennholz sogar noch gegen trockenes umtauschen konnte und wir nach einer halben Stunde harter Arbeit ein Lagerfeuer entfacht hatten, hob sich die Stimmung wieder, wir konnten unsere nassen Sachen trocknen und der Tag konnte mit Marshmallows ausklingen.

Nach einer nicht ganz gemütlichen aber dafür relativ trockenen Nacht frühstückten wir am nächsten Morgen zunächst wieder ein paar Sandwiches, packten unsere Sachen und fuhren nach Midland um Geld zu holen und Lebensmittel einzukaufen. Nach einiger Zeit konnten wir sogar einen beer store entdecken und ein paar Vorräte für das nächste Lagerfeuer kaufen. In Kanada darf man ja alkoholische Getränke nur in Läden mit einer speziellen Lizenz kaufen; in normalen Supermärkten und Tankstellen bekommt man keine Alkoholika. Wenn man schließlich irgendwo Bier gefunden hat, dann darf man es aber nicht in der Öffentlichkeit trinken und wenn man Auto fährt dürfen keine alkoholischen Getränke in der Fahrerzellen sein sondern man muss sie im Kofferraum transportieren. An diese Regeln muss man sich ersteinmal gewöhnen…

See im Awenda Provincial Park

Von Midland fuhren wir in den Awenda Provincial Park. Er liegt direkt am See und auch dort konnten wir wieder schwimmen gehen und auf Felsen im Wasser klettern. Schließlich unternahmen wir noch einen kleinen Spaziergang durch die naturbelassenen Wälder und fuhren dann direkt weiter in den Algonquin Provincial Park.

Was wir dort erlebt haben schreibe ich am besten erst beim nächsten Mal. Es ist gerade 1:50am und so langsam sollte ich mal ins Bett. Ich habe wohl viel zu viel geschrieben, aber ihr müsst es ja nicht alles lesen ;–)

Bis demnächst,

Eike

Die ersten Tage in Toronto

Hallo!

Sorry, dass ich so lange gebraucht habe, um den ersten Eintrag in Netz zu stellen. Wie ich schon angekündigt hatte, bin ich seit dem 20.8. in Kanada und werde wohl vor Juni 2006 nicht zurück nach Europa kommen.

CN Tower

Bis zum 25.8. war ich in Toronto. Während der ersten Tage habe ich mir die Stadt angeschaut und war schwer beeindruckt. Toronto ist wirklich einen Besuch wert! Eines der Highlights ist natürlich der CN-Tower, auf den man für 17(siebzehn!)$ hochfahren kann um dann die Stadt unter sich zu betrachten. Dort oben gibt es auch einen glass floor, bei dem man in 350m Höhe praktisch nur auf einer wenige Milimeter dicken Glassscheibe steht und den Erdboden weit weit unter sich sieht.

University of Toronto

Aber Toronto hat natürlich noch mehr zu bieten: Museen, Theater (eines davon ist zweistöckig: ein Theater über einem anderen), “alte” Universitätsgebäude, Parks mit hunderten von Eichhörnchen, Wolkenkratzer aus Glas und Beton, Chinatown und Little Italy sind Dörfer für sich, die Küste zum Lake Ontario mit Wiesen und Radwegen, riesige Einkaufszentren, ein 18km langes überdachtes Wegesystem, das für die kalten schneereichen Winter Geschäfte untereinander verbindet und ganz viele freundliche hilfsbereite Menschen aus aller Welt. Ich glaube Toronto ist eine der multikulturellsten Städte überhaupt.

Der zweite Teil des Programms war ein dreitägiges orientation seminar für die Austauschstudenten, die aus Baden-Württemberg und Rhone-Alpes nach Ontario gekommen sind. Dort waren auch einige Kanadier, die letztes Jahr in Deutschland waren und so konnten wir uns wärend der abendlichen Pubtouren kulturell austauschen…

Seit gestern (25.8.) bin ich nun in Waterloo, wo ich die nächsten beiden Semester studieren werde. Heute waren noch viele Formulare auszufüllen und Büros zu besuchen, aber morgen werden wir uns wohl wieder in einem gemieteten Auto auf Tour gehen und schauen, wo uns die nächste Straße hinführt. Der fall term fängt am 12.9. an und die Zeit bis dahin muss genutzt werden!

So, das war ein erster ich-lebe-noch-und-es-geht-mir-gut-Eintrag, ich hoffe ihr genießt die Zeit wie ich es hier tue.

Columbia Lake

Ab nächster Woche wohne ich in meiner residence in Waterloo an einem leergepumpten See und habe dann auch einen Internetzugang auf dem Zimmer. Ich hoffe, dann regelmäßiger schreiben zu können. Unten findet ihr weitere Bilder, damit ihr auch visuelle Eindrücke von Kanada bekommt.

Eike

Bericht vom Alpencross 2005

In diesem Beitrag berichte ich ausführlich über unseren Alpencross 2005. Kommentare zur Vorbereitung und eine Packliste findet ihr hier

Tag 1: Oberstdorf – Freiburger Hütte

50km, 1550hm, 4h

Am Mittwoch den 20. Juli 2005 nahmen wir, drei Physikstudenten aus Heidelberg, unseren ersten Alpencross mit dem Mountainbike in Angriff. Gegen 9 Uhr morgens kamen wir in Oberstdorf an und waren noch etwas müde, da wir in der vorherigen Nacht nur etwa drei Stunden geschlafen hatten.

Arne bei Oberstdorf

Als uns Oberstdorf jedoch mit strahlendem Sonnenschein begrüßte, war alle Müdigkeit verflogen und wir machten uns auf den Weg. Zwar hatte Arne schon auf den ersten paar Metern in Oberstdorf eine Taste seines nagelneuen Radcomputers verloren, aber schließlich schaffte er es doch, die Aufzeichnung der Fahrt mit einem Grashalm zu starten.

Arne, Eike und Mischa vor dem Stillachtal

Zunächst zog sich ein guter Asphaltweg das Stillachtal hinauf, der jedoch mit der Zeit immer steiler wurde. Schließlich stiegen wir sogar ab um zu schieben; schließlich wollten wir nicht schon am ersten Tag unsere Kräfte leichtfertig vergeuden. Zum Glück war dieses steile Stück nur sehr kurz, aber die Freude über das Abflachen des Weges hielt nicht sehr lange, da er direkt in einen Pfad mit tiefem, schwerem Schlamm mündete. So mussten wir wiederum absteigen und konnten nicht verhindern, dass sowohl Schuhe als auch Räder komplett eingesaut wurden.

Blick auf das Stillachtal

Nach dieser Schlammschlacht waren wir auch schon direkt im Anstieg zum Schrofenpass. Auf einem schmalen steinigen Weg schoben bzw. trugen wir unsere Räder den Hang hinauf. Zwischendurch kamen uns ein paar Wanderer entgegen, die uns warnten: Der Weg hoch zum Pass sei sehr beschwerlich und auch auf der darauffolgenden Abfahrt würden wir kaum fahren können. Aber schließlich hatten schon so viele Mountainbiker den Schrofenpass überquert, dann würden wir das auch irgendwie schaffen. Also schoben wir weiter.

Mischa auf der Leiter am Schrofenpass

Arne auf der Leiter am Schrofenpass

Wenig später erreichten wir die berühmt berüchtigte Leiter an einer steilen Stelle des Hanges. Man konnte sie jedoch erstaunlich gut überqueren: Sie ist gut mit Geländern gesichert und solange man konzentriert läuft kann eigentlich nichts passieren. Kurz drauf hatten wir auch schon den ersten Pass der Tour bewältigt und es war Zeit für eine kurze Mittagspause.

Mautstraße zur Freiburger Hütte

endlich, die Freiburger Hütte

Die Abfahrt vom Schrofenpass war wirklich nicht angenehm: Wir mussten oft absteigen um zu schieben und Arne stürzte sogar und zog sich eine tiefe Schnittwunde am Knie zu. Zum Glück konnte er problemlos weiterfahren. Auf Straßen fuhren wir weiter über Warth und Lech auf eine kleine Mautstraße, die uns zu unserem Tagesziel, der Freiburger Hütte, führen sollte. Dieses Sträßchen, auf dem wir nur den regelmäßig verkehrenden Bussen begegneten, zog sich ewig hin. Kaum hatte man ein paar Höhenmeter gemacht, so kam auch sofort eine kurze Abfahrt auf der man die hart erkämpfte Höhe wieder verlor. Aber schließlich erkannten wir die Freiburger Hütte am gegenüberliegenen Ufer des traumhaften Formarinsees und wir mussten nur noch den See umrunden um gegen 16:15 Uhr die Hütte zu erreichen.

See unterhalb der Freiburger Hütte

Gegen Abend zogen jedoch Wolken vor die Sonne und brachten Regen und Kälte. So mussten wir an diesem Abend noch jämmerlich frieren, da die Hütte nicht beheizt war uns wir uns die Extrakosten für eine warme Dusche sparen wollten. Wären wir nur nicht so geizig gewesen…

Tag 2: Freiburger Hütte – Neue Heilbronner Hütte

46km, 2100hm, 6h

Trail im Regen

Am nächsten Morgen saßen wir gegen 8:15 Uhr wieder auf dem Rad, wurden jedoch diesmal von einem kühlen Nieselregen empfangen. Die Abfahrt nach Dalaas war entsprechend nass, schlammig und rutschig. Dabei musste ich auch einmal unkonventionell über den Lenker vom Rad steigen, aber bis auf ein paar Schürfwunden ist zum Glück nichts passiert. Auch unseren Bremsbacken tat der schlammige Untergrund nicht gut: Nach dieser Abfahrt waren alle zwölf Bremsbacken komplett abgeschliffen. Da wir nur zwei Paar Ersatzbelege dabei hatten, mussten wir uns nach einem Radgeschäft umschauen, wurden jedoch erst am nächsten Tag fündig.

wolkenverhangene Berge

Unten in Dalaas machten wir nur eine kurze Frühstücks- und Einkaufpause und fuhren direkt weiter auf der ewig langen (knapp 7 km) Schotterpiste hinauf zum Kristbergsattel. Von dort ging es auf einem guten Höhenweg leicht bergab bis ins Silbertal, wo wir im “Hasahüsli” eine gemütliche Mittagspause machten. Inzwischen hatte der Nieselregen zum Glück aufgehört und wir konnten nach dem Essen die ersten Sonnenstrahlen für diesen Tag genießen.

auf dem Schneefeld

Arne im Bach

Nach der Mittagspause ging es direkt in den Schlussanstieg durch das Silbertal hoch zur Neuen Heilbronner Hütte am Verbellener Joch. Diese 20km zogen sich jedoch viel länger als erwartet: Zunächst hatte Mischa einen Platten der geflickt werden wollte und dann wurde der unregelmäßge Schotterweg immer schlechter, da er frisch aufgeschüttet und noch nicht befestigt war. Schließlich warteten noch zwei lange (je 1h) Schiebestücke auf uns. Als Erstes mussten wir über eine schlammige, felsige Kuhweide, auf der Arne einmal fast bis zum Knie einsackte. Nachdem wir den Fluss Rosanna auf einer Brücke überquert hatten, konnen wir wieder kurz fahren und überquerten ein kleines Schneefeld bis der Weg sich gabelte: Der rechte Weg führte direkt in den Fluss, während der linke weiter am Ufer entlang führte. Da in der Wegbeschreibung stand uns erwarte ein Umweg wenn die Rosanna nicht überquert werden könne, entschieden wir uns durch das eiskalte Wasser zu waten. Ein Fehler, wie wir später bemerkten, denn 50m weiter oberhalb hätten wir den Fluss auch auf einer Brücke überqueren können, ohne nasse Füße zu bekommen.

Nun folgte schließlich die zweite extrem steile Schiebepassage hoch zu Neuen Heilbronner Hütte, die wir gegen 18:50 Uhr erreichten. Dort erzählte uns der Wirt stolz, er hätte einen beheizten Trockenraum in dem unsere Schuhe über Nacht trocknen würden. Am nächsten Morgen waren unsere Schuhe jedoch immer noch klatschnass: Nicht der ganze Schuhraum war beheizt, sondern nur eine unscheinbare Schrankwand auf der linken Seite des Raumes. So mussten wir in nassen Schuhen weiterfahren…

Tag 3: Neue Heilbronner Hütte – Sesvenna Hütte

75km, 2600hm, 7:30h

Der dritte Tag sollte die Königsetappe werden. Da wir jedoch alle schon die Anstrengungen der letzten beiden Tage spürten und Mischa sich eine leichte Magenverstimmung eingefangen hatte, hatten wir, vage ausgedrückt, großen Respekt vor der kommenden Etappe. Aber so schnell wollten wir uns nicht unterkriegen lassen und wenigstens hatte der Wettergott wieder Erbarmen mit uns: Die zweite Etappe sollte der einzige Tag mit Regen bleiben.

Also standen wir voll motiviert um 6:30 Uhr auf um gegen 7:45 Uhr wieder auf dem Rad zu sitzen. Zunächst ging es auf einem groben Schotterweg von der Neuen Heilbronner Hütte bergab, der jedoch schließlich in einer breite, gute Asphaltstraße überging, auf der man es richtig rollen lassen konnte und so gleich richtig viel Strecke zurücklegte. In Ischgl fanden wir auch endlich das langersehnte Radgeschäft und konnten endlich die völlig abgenutzen Bremsbacken ersetzen.

Arne und Mischa auf dem Weg zur Heidelberger Hütte

Einreise in die Schweiz

Von Ischgl aus ging es dann direkt auf den über 2600m hohen Fimberpass, den ersten richtig hohen Berg der Tour. Die steile Asphaltstraße ging schon bald in einen Schotterweg über und auf diesem ewig langem Anstieg fuhr irgendwann jeder sein eigenes Tempo, so dass wir zwischendurch immer mal aufeinander warten mussten. Kurz nachdem wir die Grenze in die Schweiz überquert hatten, erreichten wir die Heidelberger Hütte, wo wir eine ausgiebige Mittagspause machten. Die war auch nötig, denn die verbliebenen Meter bis zum Pass mussten über eine unangenehme 45 minütige Schiebepassage bewältigt werden.

Die darauffolgende Abfahrt brachte wenig Erleichterung: Sie war technisch sehr anspruchsvoll, so dass wir die meiste Zeit schieben mussten. Außerdem bekam ich dabei am Knie starke Schmerzen (war wohl eine entzündete Sehne) was den Abstieg noch weiter verlangsamte und Mischas Magen meldete sich auch wieder. So legten wir den ersten Teil des Abstieges fast langsamer zurück als den Anstieg und wir diskutierten schon, ob wir nicht im nächsten Ort eine Pension suchen sollten. Aber schließlich wurde der Pfad breiter und mündete in eine kurvige, aber übersichtliche Asphaltstraße, die wir in Tour de France Manier runterheizten.

Galerie im Val d'Unia

genauer Blick auf die Galerie im Val d'Unia

Unten angekommen mussten wir die Entscheidung treffen: Weiterfahren oder im Tal übernachten. Es war etwa 16 Uhr und vor uns lag noch der lange Anstieg durch die Val d’Uina Schlucht mit etwa 1200hm hinauf zu Sesvennahütte. Wir entschlossen uns fürs Weiterfahren; wenn es gar nicht mehr ginge könnten wir uns ja einfach wieder ins Tal rollen lassen. Und so kämpften wir uns den schwierigen Schotterweg bergauf, über ein paar extrem steile Rampen. Schließlich kamen wir nach einem Waldstück auf einer Weide raus und sahen vor uns die berühmte Galerie der Val d’Uina Schlucht.

Trail im Val d'Unia

am Abgrund im Val d'Unia

Diesen Weg, der direkt in eine Steilwand gesprengt worden war, mussten wir also entlang. Nach einer weiteren steilen Schiebepassage hatten wir diesen spektakulären Pfad endlich erreicht. Zum Glück war er gut gesichert: Es gab immer entweder ein Geländer oder ein Drahtseil an der Felswand. Diese Passage war wirklich beeindruckend: Man schiebt direkt an einem vermutlich 100m tiefen Abgrund entlang. Da wir alle schon sehr müde waren, bündelten wir noch einmal all unsere Konzentration und brachten langsam und vorsichtig diese Galerie hinter uns.

Als wir schließlich den Pass erreicht hatten, dachten wir so weit könne es doch nun nicht mehr sein. Mein Kräfte schwanden jedoch allmählich, so dass ich auf dem Pfad nur noch geschoben habe, obwohl man vermutlich auch hätte fahren können. Nachdem wir unendlich viele kleine Kuppen überwunden hatten (“Aber hinter der nächsten Kuppe müsste diesmal wirklich die Hütte sein!”), sahen wir gegen 20 Uhr schließlich den kleinen See vor uns, der signalisierte, dass wir es endlich geschafft hatten.

Nach einer riesigen Portion Spaghetti samt Vor- und Nachspeise in der italienischen Hütte hatten wir nur noch die Kraft zu Duschen, die Wunden zu versorgen und anschließend ins Bett zu fallen. Obwohl bei uns im Lager ein Schnarcher übernachtete schliefen wir alle gut mit dem beruhigenden Gefühl, dass der nächste Tag etwas lockerer werden sollte. Was sind schon 1700hm? ;–)

Tag 4: Sesvenna Hütte – Trafoi

48km, 1700hm, 4:30h

Mittagspause in Lichtenberg

Nach der anstrengenden Königsetappe ließen wir es erst einmal ruhig angehen, schliefen aus (bis 7:30 Uhr) und fuhren nach einem ausgiebigen Frühstück erst gegen 9:15 Uhr wieder weiter. Die Abfahrt von der Sesvennahütte war zunächst steil und forderte einige Konzentration, aber schon bald wurde der Schotterweg besser und ging schließlich in eine asphaltierte Straße über. Auch nach der Abfahrt konnten wir uns noch eine Weile erholen und bei strahlendem Sonnenschein die gemütliche flache Fahrt durch Südtirol genießen. Da wir mittags an keiner Hütte vorbeikommen würden, beschlossen wir in einem kleinen Tante-Emma-Laden im Dörfchen Lichtenberg Verplegung für eine spätere Mittagspause zu kaufen. Der Südtiroler Schinken sah dann aber so gut aus und die Sonne schien so warm, dass aus der kurzen Einkaufspause eine vorgezogene Mittagspause wurde und wir vor der Abfahrt gleich noch einmal Essen kaufen mussten.

Nach dieser Pause ging es dann aber wieder bergauf. Obwohl die Wegbeschilderungen in Italien gleich deutlich schlechter waren als in der Schweiz oder in Österreich, fanden wir zunächst den richtigen Weg. Irgendwann konnten wir aber an Weggabelungen gar keine Schilder mehr finden und nahmen prompt den falschen Weg. Er stellte sich zwar Abkürzung heraus, war aber dafür auch entsprechend steil. Also mussten wir wieder einmal schieben, was meiner entzündeten Sehne gar nicht gut tat. Bald hatten wir jedoch den ersten Hügel des Tages erklommen und nach einer zweiten Mittagspause und einer kurzen schnellen Abfahrt waren wir auch schon im nächsten Anstieg zur Furkelhütte. Dieser zweite Anstieg war angenehm zu fahren und als wir unseren Rythmus gefunden hatten war auch die Länge des Anstiegs nicht mehr so schlimm.

Blick auf die gewaltige Ortlergruppe

Eike und Mischa vor der Ortlergruppe

An der Furkelhütte angekommen sahen wir schon das gewaltige Ortlerpanorama vor uns. Dort würden wir am nächsten Tag zum Glück nicht drüberfahren müssen, aber die Umgehung über das Stilfser Joch würde auch kein Kinderspiel werden.

Von der Furkelhütte aus hatten wir nur noch die Abfahrt nach Trafoi vor uns. Und die hat richtig Spaß gemacht: Sie war zwar technisch anspruchsvoll, so dass wir ab und zu absteigen mussten, aber den größten Teil konnte man über Stufen, Wurzeln und durch enge Kurven im Wald gerade noch fahren. Als wir gegen 17 Uhr in Trafoi ankamen ging die Zeit der Berghütten zu Ende und wir mussten in einer Pension übernachten. Dass es dort kein Abendessen gab stellte kein Problem dar, weil wir dafür einen Gutschein für ein nobles Dreigängemenu (mit Nachschlag) in einem benachbarten Hotel bekamen.

Tag 5: Trafoi – Santa Caterina Valfurva

54km, 2170hm, 5h

Blick von oben auf die Kehren des Stilfser Joch

Nach einer erholsamen Nacht waren meine Knieschmerzen zwar deutlich besser geworden, aber wie bei Mischa meldete sich nun auch bei mir Magen. Außerdem fing auch Arnes Sehne am Knie leicht an zu schmerzen. Da wir die Wirtin überredet hatten, schon etwas früher als die anderen Gäste Frühstück zu bekommen, konnten wir schon gegen 8:15 Uhr losfahren. Dieser Tag begann jedoch nicht mit einer gemütlichen Abfahrt, nein, direkt vor der Pension wartete die erste von 42 Spitzkehren hinauf aufs Stifser Joch auf uns. Dieser Anstieg hatte es in sich: 14km und 1200 Höhenmeter bis auf auf über 2700m hoch und das Ganze ja wie immer mit 8kg Gepäck auf dem Rücken. Die Straße war asphaltiert und entsprechend gut zu fahren und wir wurden nur von Autofahrern und vielen verrückten italienischen Rollerfahrern bedroht.

Arne flog den Alpenriesen wie einen kleinen Kraichgauhügel hoch und war schon nach 1:30h am Gipfel angekommen. Mischa und ich fuhren ein eher gemütliches Tempo (obwohl auch wir voller Stolz mit ein paar Rennradfahrern ohne Gepäck mitgehalten haben) und kamen erst eine halbe Stunde später an.

Passfoto am Stilfser Joch

Auf dem Gipfel mussten wir ersteinmal einen Schock verkraften: Dort erwartete uns keine Alpenidylle sondern riesige Parkplätze für Autos, Busse und Motorräder, mehrere Hotels und sogar Würstchenbuden. Dem Wurstgeruch konnten wir zum Glück widerstehen, aber eine heiße Schokolade tat in 2700m Höhe dann doch sehr gut.

Blick von Bocchetta di Forcola

Arne und Eike auf Bocchetta di Forcola

Wir beschlossen, den kurzen Anstieg auf die Dreisprachenspitze auszulassen und machten uns auf eine kurze Abfahrt um dann auf einem traumhaften schmalen Trail am Hang entlang auf den höchsten Punkt unseres Alpencrosses zu klettern: Bocchetta di Forcola (2768 m). Dort oben genossen wir eine Weile den traumhaften Blick über den rauhen Ortler hinter uns und die im Gegensatz dazu schon fast sanfte Bergkette vor uns.

Mischa auf Bocchetta di Forcola

Platten flicken auf alter Militärstraße

Nun hatten wir zunächst eine lange traumhafte Abfahrt auf einer alten, manchmal tückischen, Schotterpiste vor uns, die im ersten Weltkrieg als Militärstraße genutzt worden war. Man fühlte sich vollkommen alleine in der Wildnis, nur einmal begegneten uns drei weitere Mountainbiker und die waren schon zu viel: Arne wollte posen, ist dabei zu schnell über eine Steinrinne gefahren und hat sich dabei ein richtig großes Loch in den Schlauch geschlagen. Also: Pause und Schlauch wechseln. Die andere Mountainbikergruppe, die wir übrigens am nächsten Tag wieder treffen sollten, machte wenige Meter weiter unterhalb ebenfalls eine Pause. Also musste Arne mit seinem neuen Schlauch wieder zeigen was er drauf hat und PAFF, der nächste Schlangenbiss. Zum Glück hatten wir noch einen zweiten Ersatzschlauch dabei! So kamen innerhalb von 20m zwei von insgesamt drei Platten während der insgesamt 430km zu Stande.

Die restliche Abfahrt verlief jedoch problemlos und nach einem kurzen aber giftigen Gegenanstieg waren wir schon in Bormio angekommen. Dort gönnten wir uns noch ein kurze Pause in einem kleinen italienischen Straßencafe, bevor es auf einer Autostraße noch einmal 500hm hinauf nach Santa Caterina Valfurva ging. Die Straße war angenehm zu fahren da sie nicht sehr steil war, aber entsprechend lange zog sich der Weg auch hin. Die Magenprobleme, die Mischa nun schon seit 3 Tagen plagten hinterließen mittlerweile auch ihre Spuren und er musste sichtlich leiden. Aber er kämpfte sich entschlossen durch und gegen 17:30 Uhr erreichten wir unser Tagesziel. Am nächsten Tag waren Mischas Magenprobleme zum Glück überwunden und auch meine Knieschmerzen ließen nach, so dass wir die letzten beiden Tage einigermaßen schmerzfrei hinter uns bringen konnten.

An diesem Tag ging übrigens auch die Tour de France 2005 zu Ende und da wir einen Fernseher auf dem Zimmer hatten konnten wir noch die Siegerehrung verfolgen und waren alle erstaunt, dass “Uns Ulle” es nach einer fulminanten Schlusswoche doch noch aufs Podium geschafft hatte. Das Abendessen war zwar für Alpencrossermägen etwas zu dürftig, aber die Nacht dennoch sehr erholsam.

Tag 6: Santa Caterina Valfurva – Dimaro

76km, 2000hm, 6h

Passfoto am Gavia

Die sechste Etappe begann ähnlich wie die vorherige – mit einem längerem Anstieg. Da wir aber am Nachmittag zuvor schon 500hm hinter uns gebracht hatten, blieben vom Gaviapass “nur” noch 900hm übrig. Im Vergleich zum Silfser Joch war der Gaviapass aber angenehmer zu fahren, da er nicht so steil war. Also fuhren wir gemeinsam relativ gemütlich die Straße herauf, auf der zum Glück kaum Autos unterwegs waren und da wir uns die ganze Zeit unterhielten verging die Zeit relativ schnell. Oben angekommen trafen wir wieder die drei Mountainbiker (Dominik, Jan und Thilo), die wir schon auf der Abfahrt vom Stilfser Joch getroffen hatten und fuhren die nächsten paar Stunden gemeinsam mit ihnen. So konnte Jan auch ein “Passfoto” von uns dreien machen.

Die Abfahrt auf der Rückseite des Gaviapasses war mit einem Tunnel nicht ganz ungefährlich und sehr schnell. So schnell, dass wir erst im letzten Moment die Abfahrt ins Val Camonica bemerkten. Von nun an ging es wieder bergauf auf die Montozzo-Scharte, die mit 2613m den letzten richtig hohen Berg unseres Alpencrosses darstellte.

Blick auf das Val Camonica

Schotterpiste am Berghang

Der nicht enden wollende Schotterweg zog sich durch ein traumhaftes Tal und wir machten einige Male Pausen um die Landschaft zu genießen. Je höher wir kamen, desto steiler schien der Pfad zu werden und wir waren alle froh als kurz unterhalb des Passes die kleine Hütte Rifugio Bozzi auftauchte, wo wir eine Mittagspause einlegten. Da wir uns auf etwa 2500m befanden, war es sehr kalt und windig, weshalb wir auch in der Hütte alle Kleidung trugen, die wie dabei hatten.

Nach dem Mittagessen fuhren wir mit dem beruhigenden Gedanken los, dass wir nur noch etwa 20 Minuten bergauf schieben mussten und dann nur noch die ewig lange Abfahrt von 2600m auf 800m vor uns hatten. Die ersten 800hm bergab zum Lago di Pian Palu würden aus Trails bestehen und der Rest aus Asphaltwegen.

Blick auf den Lago di Pian Palu

Trail hinunter zum Lago die Pian Palu

Und unsere Vorfreude wurde nicht entäuscht: Wir hatten einen traumhaften Blick auf den tiefblauen Lago di Pian Palu weit unter uns und die Trailabfahrt war wohl eine der schönsten der ganzen Tour. Die schmalen Singletrails waren sehr anspruchsvoll aber nach einiger Zeit trauten wir uns, auch die schwierigeren Passagen auf dem Rad zu meistern. Obwohl wir alle mehrmals ein Risiko eingingen, stürzte zum Glück niemand.

Unterhalb des Sees ging der Trail in eine rasend schnelle Straßenabfahrt über und mit jeder Minute spürten wir, wie es wärmer wurde. Nachdem wir vor wenigen Stunden auf 2600m Höhe noch jämmerlich gefroren hatten gönnten wir uns nun im Tal eine Pause und aßen in einem gemütlichen alten Dorfzentrum ein Eis. Dabei trafen wir auch Jan, Dominik und Thilo wieder, die uns bei der Mittagspause verlassen hatten und beschlossen, abends im gleichen Hotel zu übernachten.

Die letzten Kilometer bis Dimaro waren relativ flach, zogen sich jedoch noch unerwartet lange hin. Das lag unter anderem daran, dass wir uns auf den schlecht beschilderten Radwegen mehrmals verfuhren und umkehren mussten. Schließlich erreichten wir jedoch ein nettes Hotel in Dimaro und konnten den Abend gemütlich ausklingen lassen.

Ein Highlight gab es aber noch, das Abendessen: Ein großer Salatteller vom Buffet, als Vorspeise ein paar Blätterteigtaschen, als zweite Vorspeise einen Teller Spaghetti Carbonara, dann die Hauptspeise mit einer gegrillten Forelle die kaum auf den Teller passte und dazu Kartoffeln. Danach waren wir schon pappsatt und konnten es kaum glauben, als der Kellner uns noch eine zweite Forelle anbot, die wir aber dankend ablehnen mussten. Nach einer kurzen Pause passte aber noch der Nachtisch rein: Zuerst ein Früchtecocktail und anschließend ein paar Kuchenstücken und Apfelstrudel. Der Vollständigkeit halber sollte ich noch erwähnen, dass wir vor dem Abendessen zu dritt noch ein Tüte Pflaumen und 300g Schokokekse plattgemacht haben. Ich habe gar nicht gewusst, dass so viel in einen Magen passen kann…

Tag 7: Dimaro – Riva del Garda

86km, 2050hm, 6h

Sonnenaufgang in Dimaro

Arne und Eike morgens im Bett

Am nächsten Morgen waren wir alle froh, dass nach all den (trotz allem sehr schönen) Strapazen der letzten Tage nun die Schlussetappe nach Riva del Garda anstand. Aus irgendwelchen Gründen war Mischa schon früh morgens wach und wollte den Sonnenaufgang fotografieren, wobei die diese beiden Bilder entstanden.

Wasserfall in der Brenta

Doch auch der letzte Tag würde noch mal einigen Schweiß kosten. Direkt am Anfang mussten auf einer unangenehmen, unregelmäßig steilen Schotterpiste fast 1000hm hinauf nach Madonna di Campiglio überwunden werden. Da wir nun zu sechst unterwegs waren und jeder sein Tempo fuhr, legten wir öfter mal eine kurze Pause ein. In Madonna fanden wir zunächst nicht den gesuchten Weg, aber die “Eingeborenen” waren immer hilfreich und so erreichten wir schon bald den größten Wasserfall in der Brenta.

Die idyllische Natur konnten wir jedoch nur kurz genießen, da der Schotterpfad sich nun wieder bergauf Richtung Bärenpass wand. Auch dieser Anstieg zog sich wieder unerwartet lange hin und an dessen steilen Ende mussten wir sogar 30min lang schieben. Als wir in strahlendem Sonnenschein auf dem Bärenpass (1836m) ankamen, nahmen wir uns Zeit für eine ausgiebige Mittagspause und legten uns in die Sonne. Nun, da fast alle Schwierigkeiten überwunden waren, machte sich auch schon bald das euphorische Gefühl breit, die Alpen bald überwunden zu haben. Vor uns lag lediglich noch ein 300hm Anstieg auf einer angenehmen Asphaltstraße und fast 1800hm bergab!

Mittagspause in Stenico

Die Schotterabfahrt nach Stenico war schnell, aber nicht ganz einfach. Dennoch war es sehr angenehm die Beine hängen zu lassen und nur mit den Bremsen zu arbeiten. In Stenico wurden wir von der warmen italienischen Sommersonne begrüßt und da wir noch etwas Zeit hatten gönnten wir uns eine Eispause.

Nun also noch der letzte kurze Anstieg über den Passo Ballino (763 m) und danach die lange Abfahrt hinunter nach Riva. Arne und ich hatten beschlossen, an diesem finalen Anstieg mal zu testen, wie viel Kraft nach dieser anstrengenden Woche noch in unseren Oberschenkeln ist. Und auch Mischa war anscheinend richtig motiviert, so dass unter seinem (unbeabsichtigten) Tempodiktat am Anfang der Steigung schon einige reißen lassen mussten. Nachdem wir einige Male auf die anderen gewartet hatten, sagte Jan schließlich, wir sollten doch unser Tempo fahren und oben warten. Das ließ Arne sich nicht zweimal sagen, schaltete aufs mittlere Blatt und lancierte seinen (mittlerweile legendären) Antritt. Ich war froh, dass ich gerade noch seinen Windschatten halten konnte, als er mit über 20km/h den Anstieg hinaufflog. Da Mischa sich beim Antritt verschaltet hatte, warteten Arne und ich kurz auf ihn und jagten schließlich zu dritt auf den Pass. Obwohl 300hm auch sehr lang sein können verlieh uns die Vorfreude auf den Gardesee noch zusätzliche Kräfte und wir hielten unser Tempo bis zum Gipfel durch. Dort fielen wir quasi vom Rad und warteten auf unsere Mitstreiter, die uns nach nur drei Minuten erreichten.

endlich, der erste Blick auf den Gardasee

Nun konnten wir uns die breite Asphaltstraße nach Riva hinunterrollen lassen und waren nur noch bemüht, nicht leichtsinnig zu stürzen. Auf einmal ging Jubelgeschrei durch die Gruppe: Der langersehnte erste Blick auf den Gardasee.

Gruppe am Gardasee

Die restlichen Kilometer rollten wir wie in Trance entlang bis wir schließlich direkt am Seeufer standen und dieses Abschlussfoto machen ließen.

Als die größte Euphorie sich langsam abgebaut hatte (völlig verschwand sie erste mehrere Tage später), machten wir uns auf die Zimmersuche und fanden nach mehreren erfolglosen Anfragen eine billige Pension. Den Abend ließen wir mit einem kühlen Weizenbier, einer Lasagne, einer Pizza und einem anschließenden großen Eis ausklingen und fielen schließlich müde ins Bett.

Den darauffolgenden Tag genossen wir am Strand des Gardasees bis Arnes Vater uns freundlicherweise am Nachmittag abholte und wir (im Auto) die Alpen zum zweiten Mal überquerten. Nach dieser ereignisreichen, qualvollen und traumhaften Woche war eines klar: Nächstes Jahr kommen wir wieder.

Organisation des Alpencross

Im Juli 2005, direkt am Anfang der Semesterferien, habe ich zusammen mit zwei Freunden mit dem Mountainbike die Alpen überquert. Auf dieser Seite möchte ich euch von der nötigen Vorbereitung und Planung erzählen. Einen Erfahrungsbericht mit vielen Bildern gibt es ebenfalls.

Vorbereitung und Planung des Alpencross

Eine Alpenüberquerung mit dem Mountainbike muss natürlich gut vorbereitet werden. Zum Einen muss man eine Strecke finden, die dem eigenen Anforderungsprofil genügt und braucht die richtige Ausrüstung. Jedoch bringt einen die beste Ausrüstung nicht von selbst über die Berge; auch die Kondition muss vor einem solchen Unternehmen gut trainiert werden. Hier findet ihr einen Überblick über unsere Vorbereitungen.

Wir fanden das Buch “Alpencross” von Achim Zahn sehr hilfreich. Es sind viele Strecken über die Alpen mit verschiedenen Schwierigkeitsgraden beschrieben, so dass fast jeder etwas Passendes finden sollte. Außerdem findet sich dort allgemeine Tipps zu Ausrüstung, Planung und Verhalten während der Tour.

Packliste

Im Folgenden findet ihr eine Liste aller Sachen, die jeder von uns in seinem Deuter TransAlpine 30 hatte. Allgemeingut wie Werkzeug, Karten oder Medikamente können und sollten natürlich verteilt werden.

normale Kleidung

  • 1 leichtes Hemd, 1 leichte Hose mit abnehmbaren Beinen
  • 4 Paar Socken, 2 Unterhosen (die meiste Zeit hat man ja die Radhose an)
  • 1 leichte Radregenjacke
  • leichte Wanderschuhe (für die Schiebepassagen und für die Hütte)

für die Hütte

  • 1 Hüttenschlafsack
  • 1 (sehr) kleines Handtuch
  • Kulturbeutel (Zahnbürste, Zahnpasta, Kamm, biologisch abbaubares Shampoo/Duschzeug)

auf dem Rad

  • 2 kurze Radhosen, 2 kurze Trikots, 1 Funktionsunterhemd
  • 1 Paar Armlinge, 1 Paar Beinlinge, 1 Paar Neoprenüberschuhe
  • 1 Paar kurze Radhandschuhe
  • Radschuhe und Helm
  • Pulsmesser
  • Pumpe und 2 Radflaschen am Rad
  • Radbrille

Radwerkzeug

  • Ersatzkette und Kettennieter
  • 2 Ersatzschläuche und Flickzeug
  • 1 Ersatzmantel
  • 2 Bremszüge, 2 Schaltzüge
  • 2 Paar Bremsklötze
  • 4 Ersatzspeichen und Speichenspanner
  • Öl/Fett
  • Multiradwerkzeug, Leatherman-Tool

Ernährung

  • viele Energieriegel (wir hatten je zwei PowerBars pro Tag)
  • Magnesiumpulver, Multivitamintabletten

sonstiges

  • die Karten mit eingezeichneter Route
  • Telefonnummern von den Hütten/Pensionen/Fremdenverkehrsämtern
  • Medikamente(Erste-Hilfe-Set, Sonnencreme, Verbandszeug, Pflaster, Mittel gegen: Entzündungen, Infektionen, Durchfall, Schmerzen allgemein)
  • Handy (natürlich voll aufgeladen), Notrufnummern von D, CH, AU und I einspeichern!
  • Digicam mit (vollen) Akkus, Speicherkarte, Tasche
  • einige Päckchen Taschentücher
  • kleine Taschenlampe
  • Geldbeutel (Geld, BahnCard, Ausweis, Studentenausweis, Krankenkarte, EC-Karte)
  • Plastiktüten für nasse Sachen
  • Papier und Stift
  • Badehose für Gardasee

Im Nachhinein hätte ich nicht extra Wanderschuhe mitgenommen, da sie sehr schwer sind und ich sie nicht viel anhatte. Vermutlich sind wandertaugliche stabile Radschuhe sinnvoller; dann braucht man für die Hütte nur noch ein Paar leichte Schlappen.

Außerdem hat sich herausgestellt, dass zwei Paar Bremsklötze für drei Räder zu wenige waren, weil nach einer nassen schlammigen Abfahrt schon alle Bremsklötze hätten ausgetauscht werden müssen. Da wir das nächste Radgeschäft jedoch erst eineinhalb Tage später erreicht haben, wären wir froh gewesen, für jedes Rad zumindest ein Paar Ersatzklötze zu haben.

Strecke

Routen über die Alpen gibt es wie Sand am Meer. Man sollte sich also zunächst überlegen, was man von der Strecke erwartet (Länge, Höhenprofil, Start-/Zielort, Wegbeschaffenheit, …). Wir haben uns schließlich für die Joe-Route von Oberstdorf zum Gardasee entschieden. Mit 7 Tagen, 430km und 14200hm ist sie nicht ganz einfach, aber wir wollten ja schließlich unsere Grenzen austesten. Außerdem gibt es einige einfachere Routen von Oberstdorf zum Gardasee, auf die man problemlos ausweichen kann sollte die Strecke sich doch als zu schwer erweisen.

Schließlich haben wir jedoch den Gardasee nach sieben harten aber schönen Tagen erreicht und konnten folgendes Foto machen:

Gruppe am Gardasee

Weitere Bilder gibt es in dem ausführlichen Erfahrungsbericht.

Feedback ist natürlich gerne erwünscht. Wenn ihr also Fragen oder Kommentare habt, dann schreibt mir einfach eine email.