Hallo wieder einmal!
Heute möchte ich versuchen, den Roadtrip abzuhaken, damit ich mit meinem Tagebuch nicht mehr zu sehr hinterherhinke und von Sachen berichten muss, die schon Wochen her sind. Ich schreibe also da weiter, wo ich das letzte Mal aufgehört habe.
Wir waren also gerade im Awenda Provincial Park und haben uns endlich auf den Weg in den Algonquin Provincial Park gemacht. Und so fuhren wir auf größtenteils kerzengeraden, breiten Straßen durch die Landschaft. Da es auf den kanadischen Highways ein Tempolimit gibt (80km/h auf den kleineren, 100km/h auf den großen) und die allermeisten sich auch daran halten geht es auf den Straßen deutlich weniger hektisch zu als in Europa. Ein weiterer Unterschied zu Europa ist, dass sich gerade in den entlegeneren Gebieten die meisten Geschäfte an den Highways konzentrieren und die Dörfer an den Straßen entlang wachsen. So sieht man während der Fahrt ständig beleuchtete Werbeplakate am Straßenrand. Je mehr wir uns dem Algonquin Park näherten, desto dünner war jedoch das Land besiedelt. Am Ende waren Dörfer mit 1000 Einwohner schon groß und hatten alle Läden, die man zum Leben so braucht.
Merkwürdig erschienen uns außerdem die Benzinpreise: Zuvor hatten wir noch für etwa $1,00 pro Liter tanken können und nun fuhren wir an Tankstellen vorbei, an denen der Liter über $1,20 kostete! Wir vermuteten, das läge an der Abgeschiedenheit, aber wie sich später herausstellte, waren zu dieser Zeit die Benzinpreise in aller Welt gestiegen wegen der Unwetter in New Orleans. Wenn man von der Außenwelt abgeschnitten ist bekommt man sowas eben nicht mit…
Jetzt aber wieder zurück zu unserer Reise. Wir kamen also am Sonntag, den 28.08. im Algonquin Park an und konnten auch direkt auf einen Campingplatz fahren, den wir am Tag zuvor reserviert hatten. Da der Campingplatz wieder direkt an einem See lag, gingen wir wieder schwimmen und da der See diesmal etwas kleiner war, schafften wir es sogar bis ans andere Ufer. Anschließend bauten wir unser Zelt auf, packten einen gerade erstandenen Grill aus und zum Abendessen gab es ein Barbeque mit viel Fleisch, fast rohen Kartoffeln und Bier. Basti und Jojo kamen auf die dumme Idee, eine Dose Bier um die Wette zu exen. Der Verlierer müsste eine Ladung Steakgewürz durch die Nase schniefen. Basti gewann mit großem Vorsprung, aber später stellte sich heraus, dass er seine Bierdose vorher mit Wasser gefüllt hatte, was keiner bemerkt hatte. Also mussten beide schniefen…
Obwohl es in der Nacht wieder anfing zu regnen, konnten wir trocken im Zelt schlafen und am nächsten Tag wollten wir einen der größten und ältesten Parks Kanadas erkunden. Wir entschlossen uns, das zu tun, wofür der Algonquin Park berühmt ist: Kanu fahren. Also liehen wir uns zwei Bote und paddelten den ganzen Tag kilometerlang durch die entlegensten Buchten von Canoe Lake und sahen sogar eine Wasserschildkröte. Auf dem Rückweg hörten wir auf einmal deutsche Stimmen aus einem Kanu in der Nähe und es stellte sich heraus, dass es die Stimmen anderer OBW-students waren, die wir schon in Toronto getroffen hatten. Wie klein ist doch Kanada…
Nach einem kleinen Spaziergang durch die Wälder des Parks gab es auch an diesem Abend ein Barbeque und wir gingen früh ins Bett. Mitten in Nacht wurden wir dann jäh aus dem Schlaf gerissen: nein, es war kein Bär bei unserm Zelt, sondern nur ein ganz gewöhnliches Gewitter. Dafür war es aber direkt über uns, man musste sich fast bei jedem Donnerschlag die Ohren zuhalten und der Regen prasselte auf das Zelt ein. Aber auch diese Nacht überstanden wir fast völlig trocken.
Bevor wir am nächsten Tag weiter nach Ottawa fahren würden, wollten wir die Zeit im Park noch etwas nutzen. Tom und ich liehen uns Mountainbikes und konnten drei Stunden lang einen extra angelegten, traumhaften Trail genießen, während die anderen sich mit einem schattigen Plätzchen am Ufer eines Sees zufrieden gaben. Anschließend gingen wir gemeinsam über den beaver pont trail und sahen einige Biberburgen und -dämme, jedoch leider keine Biber.
Am späten Nachmittag fuhren wir schließlich nach Ottawa, in die Hauptstadt Kanadas, wo wir zunächst noch einen kurzen Spaziergang durch die Stadt machten. Vor dem Parliament trafen wir einen Mounty (einen Polizist der Royal Canadian Mounted Police RCMP) dessen Aufgabe wohl eher in der Unterhaltung der Touristen als im Bewachen des Gebäudes bestand. Jedenfalls machte er Bilder von uns, salutierte für Photos und wollte Jojo zum Spaß Handschellen anlegen. So kamen wir mit ihm ins Gespräch und er erzählte, wir er einmal Jacques Chirac die Hand schütteln durfte und erwähnte einen Freund von ihm der einmal Liftboy für Lady Diana spielen durfte und plötzlich kein Wort mehr herausbrachte, weil er so von ihrer Schönheit geblendet war. Er meinte noch, wir Deutschen hätten doch so viel Geschichte und er fände es schade, dass das Bild von den Deutschen doch so sehr von einem so kurzen Zeitraum aus der Mitte des letzten Jahrhunderts geprägt sei. Jedenfalls war es ein sehr interessanter und unterhaltsamer Abend und schließlich übernachteten wir in einem freundlichen Backpacker’s Inn.
Am nächsten Morgen mussten wir enttäuscht feststellen, dass es wie aus Eimern regnete. Also beschlossen wir, ein paar Stunden in der National Art Gallery zu verbringen, wo man kanadische Kunst der letzten 400 Jahre bestaunen kann. Am frühen Nachmittag fuhren wir weiter nach Montreal.
Dort stellten wir erstaunt fest, dass sich Quebec in der Tat vom Rest Kanadas unterscheidet: der Verkehr ist fast so hektisch wie in Frankreich und alle Schilder, die bisher noch zweisprachig gehalten waren, waren nun einsprachig; Man konnte kaum ein englisches Wort geschrieben sehen. Aber zum Glück wachsen in Montreal dennoch fast alle Menschen bilingual auf und sprechen sowohl Englisch als auch Französisch fließend.
Da in Montreal gerade das internationale Filmfestival stattfand, gingen wir an diesem Abend noch durch den red light district (wo unser hostel lag) in Kino und schauten uns einen israelischen Kurzfilm und einen japanischen Streifen an.
Am nächsten Tag machten wir einen langen Spaziergang durch die Innenstadt von Montreal mit alten Gässchen, hohen Wolkenkratzern, einem Nachbau von Notre Dame und dem Hafen. Anschließend liefen wir durch die McGill Universitity auf den Mont Royal, den Haushügel von Montreal, um von dort den Blick über die Stadt zu genießen. Auf dem Rückweg gingen wir durch das junge Künsterviertel “plateau” mit unzähligen Kneipen und kleinen Geschäften.
An diesem letzten Abend der Tour wollten wir noch einmal eine Pubtour machen. Als uns jedoch auffiel, dass man in Quebec Alkohol auch in normalen Supermärkten kaufen kann, dachten wir uns, man dürfe doch sicherlich hier auch “in public” trinken, kauften uns um Geld zu sparen ein paar Bier und setzten uns damit in einen Park. Dort kamen wir mit einem Obdachlosen in Gespräch, der uns darauf hinwies, dass man auch in Quebec nicht in der Öffentlichkeit trinken darf. Plötzlich meinte er, wir sollten unsere Dosen in die Tüte stellen, Polizisten kämen. Wir dachten zuerst, er wolle uns nur ärgern, konnten dann aber noch rechtzeitig reagieren und die Polizisten, die hinter uns herangekommen waren liefen an uns vorbei. So konnten wir mit ein paar Cent für einen Obdachlosen $130 Strafe sparen. Nun zogen wir in einen Pub um und hatten einen denkwürdigen Abend, an dessen Ende Joachim und Bastian gemeinsam durch die Straßen tanzten…
Am nächsten Tag verbrachten wir zunächst ein paar Stunden in einer großen mall, schauten uns Geschäfte an und kauften etwas Kleidung. Anschließend liefen wir noch durch den Olympiapark, wo 1976 die olympischen Spiele stattgefunden hatten. Gegen 6pm machten wir uns schließlich auf die Rückfahrt nach Waterloo. Abwechselnd fuhren wir etwa 7 Stunden Auto und konnten zum Glück noch unser Gepäck aus dem student life center der UWaterloo abholen. Auch unseren Zimmerschlüssel bekamen wir noch und konnten am Samstag, den 3.9. endlich in unserem neuen Zuhause schlafen, nachdem wir zwei Wochen lang nur aus Taschen und Rucksäcken gelebt hatten.
Irgendwie habe ich wohl wieder zuviel geschrieben, ich hoffe ihr lest mein Tagebuch trotzdem. In Zukunft werden die Einträge kürzer werden aus dem einfachen Grund, dass ich viel weniger erlebe.
Bis zum nächsten Mal,
Eike