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Geld für Musik

Ich gehöre zu den Leuten, die zwischendurch auch mal ganz gerne etwas Musik hören. Aber bei dem derzeitigen Verhalten der Musikindustrie frage ich mich immer häufiger, warum ich überhaupt Geld für Musik ausgeben sollte.

Wenn ich mir Lieder kaufe, dann mit folgenden Zielen:

  • Ich möchte die Musik hören wie ich will, d.h. mit meinem CD-Player, am Computer, im Auto oder mit dem MP3-Player.
  • Die gekauften Lieder möchte ich auf unbegrenzte Zeit anhören können, also auch noch in 5, 10 oder 50 Jahren.

Diese Anforderungen sollten doch eigentlich nicht überzogen sein, ja ich denke sogar, dass die meisten Menschen ähnliche Vorstellungen über die Nutzungsmöglichkeiten von gekaufter Musik haben. Man gibt also Geld für ein Produkt aus und verlangt dafür, dass dieses Produkt die gestellten Mindestanforderungen erfüllt.

Mittlerweile habe ich jedoch zunehmend den Eindruck, dass die Musikindustrie gar nicht versucht meinen Vorstellungen gerecht zu werden, sondern im Gegenteil darauf hinarbeitet, meine beabsichtigte Nutzung gerade zu verhindern:

Heutzutage kann man Musik legal über zwei Wege erwerben:

  • Man kauft sich ganz traditionell die CD im Laden. Die meisten CDs sind jedoch mit Kopierschutzmaßnahmen versehen, die verhindern sollen, dass der Käufer sie auf seinem Computer auslesen und speichern kann. Ursprünglich war Sinn und Zweck des Ganzen zu verhindern, dass die Lieder von der gekauften CD ausgelesen, komprimiert (in MP3, Ogg-Vorbis, etc) und in Tauschbörsen angeboten werden. Soweit ist das noch verständlich. Aber dieser Mechanismus hat auch zur Folge, dass ehrlich Käufer ohne Betrugsabsichten nicht mehr die Möglichkeit haben, die erworbene CD am Computer anzuhören oder die Lieder auf einen MP3-Player zu überspielen.
  • Man kauft sich die Lieder online und lädt sie sich auf den Computer herunter. Bei dieser Variante ist es zwar möglich, sich die Lieder auf dem Computer und auf einem MP3-Player anzuhören, aber oft auch nur mit Einschränkungen: Die Lieder der großen Musiklabels sind nämlich üblicherweise mit DRM-Maßnahmen versehen, um die Verbreitung der Musik über Tauschbörsen zu verhindern. Auch hier haben die Sicherheitsmaßnahmen wieder Auswirkungen für den ehrlichen Nutzer: Man kann die Musikdateien nur auf einer beschränkten Anzahl an Computern abspielen und nicht beliebig oft auf CD brennen. Wenn ich mir also einen neuen Computer kaufe und meine Musiksammlung auf diesen übertragen möchte, dann kann es sein, dass die Lieder nicht mehr abgespielt werden können. Ebenso kann es sein, dass ich mir eine CD für die nächste längere Autofahrt zusammenstellen möchte, die Lieder jedoch nicht mehr brennen darf, weil das Brennkontingent schon ausgeschöpft ist.

Meine elementarsten Anforderungen werden also nicht erfüllt: Ich kann die Musik entweder nicht am Computer/MP3-Player hören oder nur eingeschränkt auf CD. Außerdem kann ich die Lieder entweder gar nicht erst elektronisch archivieren oder nicht beliebig oft auf neue Computer kopieren. Warum sollte ich also noch Geld für Musik ausgeben, wenn die Musikindustrie mir nicht bieten kann, was ich möchte?

Ich kann zwar verstehen, dass die Musiklabels sich vor unkontrollierter Weitergabe der Lieder im Netz schützen möchten, aber so stellen sie alle Kunden, auch die ehrlichen, unter Generalverdacht und schränken dazu noch seine Nutzungsmöglichkeiten ein!

Und als ob dies nicht schon schlimm genug wäre, haben diese Kopierschutzmaßnamen auch noch Einfluss auf den stabilen Betrieb der PCs der Käufer. Wie in der c’t (17/2006, S.95ff) berichtet, installieren einige CDs beim Einlegen in den Computer automatisch versteckte Programme, die eine Nutzung des Brenners verhindern, die den Nutzer zum Neustart des Systems zwingen oder gar den Rechner abstürzen lassen. Die Methoden der Unterhaltungsindustrie sind also von denen der Hersteller (illegaler (!)) Viren- oder Spywareprogrammen nicht mehr zu unterscheiden.

Und wie reagiert der Gesetzgeber auf nicht-standardkonforme CDs und die ungewollte Installation versteckter Programme? Er unterstützt diese Praktiken und nimmt sich sogar noch den zahlenden Nutzer zur Brust: Umgehung der Kopierschutzmaßnahmen (und sogar die Berichterstattung darüber) ist illegal. Wenn also eine kopiergeschützte CD in meinem Autoradio nicht läuft, ich sie darum am Computer auslese und anschließend brenne, damit ich sie auch im Auto hören kann, dann mache ich mich strafbar. Ich zahle also für eine CD, die ich nicht hören kann und mache mich strafbar, wenn ich versuche, dieses Problem zu lösen!

Manchmal verstehe ich die Welt nicht mehr…

PS: Gerade bin ich auf die Kampagne “Wir haben bezahlt” gestoßen. Auf dieser Seite finden sich noch einige weitere interessante Informationen zum Thema.